Der Schulangst richtig begegnen
Heute ist der erste offizielle Schultag für 22.200 Erstklässler in Brandenburg. In Berlin findet die Einschulung in einer knappen Woche statt. Eltern und Verwandte feiern den neuen Lebensabschnitt des Kindes. Das Kind selbst freut sich natürlich auch ungemein auf die Schule. Schließlich wird die Kita den wachsenden Ansprüchen der Fünf- und Sechsjährigen nicht mehr gerecht. Sie suchen nach neuen Aufgaben. Ganz klar, Kinder wollen zur Schule, unbedingt!
Und trotzdem schwingt bei den Feierlichkeiten zur Einschulung auch etwas Melancholisch-Bedrohliches mit: Es ist, als sei ein Teil der Kindheit nun vorbei, das Leben werde ernst(er). Passend dazu erklingt auch noch andauernd: „Jetzt fängt der Ernst des Lebens an!“. Selbstverständlich machen die alten Herrschaften nur Spaß. Möglich aber auch, dass die Zuckertüte als Bestechungsgeschenk betrachtet werden kann und man das Kind doch ein wenig bemitleiden sollte… Im Rückblick auf die eigene Schulzeit wird zumindest mir klar, dass mit der Schule auch die Sorgen anfingen.
Ursachen & Symptome der Schulangst bei Kindern
Angst vor der Schule empfindet wohl jeder Schüler hin und wieder, vor allem wenn Tests oder Klausuren anstehen, für die nicht gelernt wurden. ;) Nicht nur die (voraussichtlich) schlechte Note ist ein Grund zur Sorge, auch dass sich das Kind vor seinen MitschülerInnen lächerlich macht – bei einem Vortrag zum Beispiel.
Die Schule wartet mit allerhand beängstigenden Situationen auf. Völlig normal, dass sich ein Kind manchmal fürchtet. Doch bei jedem fünften Schüler in Deutschland entwickelt sich daraus eine richtige Schulangst.
Mögliche Gründe für Schulangst
„Wenn die tägliche Schulpflicht psychische und psychosomatische Reaktionen (z.B. Kopf- oder Bauchschmerzen, Übelkeit, Bettnässen, plötzliche Aggressivität, Zittern, Schlaf- und Konzentrationsstörungen) hervorruft, spricht man von Schulangst.“, schreibt die Webseite Neurologen & Psychiater im Netz. Bei den Ursachen für die Schulangst wird unterschieden in Leistungsangst und soziale Angst.
Leistungsangst
Typisch für die Leistungsangst ist, dass betroffene Kinder eine ausgeprägte Prüfungs- und Versagensangst aufweisen. Unabhängig davon wie gut oder schlecht sie tatsächlich im jeweiligen Prüfungsfach sind, gehen diese Schüler stets davon aus, dass sie eine schlechte Note schreiben und somit nicht bestehen werden. Hinzu kommt die Angst vor Strafe und/oder Blamage.
Die Ursachen für die Leistungsangst sind vielschichtig. Teils ist die Angst begründet, weil sich der Schüler tatsächlich unzureichend auf die Prüfung vorbereitet hat. Möglicherweise fühlt sich das Kind auch überfordert, weil es den Stoff nicht versteht, Wissenslücken bestehen (bspw. auf Grund einer langen Erkrankung oder eines Schulwechsels) oder der Leistungsdruck sehr hoch ist. Natürlich können auch die Eltern eine Rolle spielen, die ihre eigene (vormalige) Schulangst auf ihr Kind übertragen, zu hohe Erwartungen haben oder mit Strafen drohen.
Ebenso vielschichtig wie die Ursachen für die Leistungsangst sind folglich auch die Behandlungsmöglichkeiten. So könnten Eltern dem betroffenem Kind zum Beispiel beibringen, strukturierter und regelmäßig zu lernen. Auch Nachhilfe und Förderunterricht schaffen mit Sicherheit Abhilfe. Sollten die Ängste dennoch bestehen bleiben, kann die Familie über einen Schulwechsel nachdenken, denn möglicherweise liegt es an der Schulform, dass sich das Kind überfordert fühlt. Auch die Unterrichtsmethoden können eine Ursache darstellen, weshalb das Kind Lernblockaden hat. Zu guter Letzt kann die Familie auch über eine Verhaltenstherapie fürs Kind nachdenken.
Soziale Angst
Nicht wenige Kinder sind von Natur aus schüchtern. Ihnen fällt es zunächst schwer, auf andere zuzugehen, weil sie über wenig(er) Selbstwertgefühl verfügen. Das allein ist jedoch noch keine Ursache für eine ausgeprägte soziale Angst. Die zeigt sich erst, wenn Kinder ausgegrenzt oder gemobbt werden oder Gewalt erfahren. Leider sind es gerade die ängstlich-schüchternen Kinder, die sich nicht oder nur unzureichend dagegen wehren können.
Dabei kann sich das Kind nicht nur durch seine MitschülerInnen unfair behandelt fühlen, sondern auch vor seinem Lehrer Angst entwickeln, zum Beispiel wenn dieser besonders streng ist oder zynisch auftritt.
Hier können Eltern erst einmal wenig tun, um Abhilfe zu schaffen. Die Schule bzw. die Klasse ist gefragt, indem bspw. Streitschlichter oder Mediationsprogramme zurate gezogen werden. Auch Klassengespräche oder eine soziale Analyse des Schul- und Klassenklimas können durchgeführt werden. Hilft alles nichts, sollten Eltern in Erwägung ziehen, ihr Kind in die Parallelklasse versetzen zu lassen oder gleich auf eine andere Schule.
Behandlung der Schulangst
Die Eltern können bereits viel tun, um die Schulangst bei ihrem Kind zu mindern oder zu bewältigen. Dennoch ist es immer ratsam, professionelle Hilfe eines Psychologen oder Psychiaters in Anspruch zu nehmen. Am wichtigsten ist es , die Ängste des Kindes weder zu belächeln, noch zu dramatisieren, denn beides kann die Angst nur weiter verstärken. So können Eltern ihren Kindern bei Schulangst helfen:
- Lob ist viel wirkungsvoller als Bestrafung. Der Notendruck seitens der Schule ist bereits mehr als ausreichend.
- Eine andere Herangehensweise kann helfen, die Schulfächer zu verstehen. Dabei sollten Spaß und die Zusammenarbeit von Eltern und Kind im Vordergrund stehen.
- Das Kind liebevoll zu umarmen gibt Halt und Vertrauen. So können die Eltern zum Ansprechpartner werden und womöglich die Ursachen erfahren. Vorsichtig darüber zu reden ist sehr wichtig, darf aber nicht erzwungen werden. Das Kind soll selbstbestimmt bleiben, um sein Selbstbewusstsein zu stärken.
- Nach einem Schulwechsel kann es helfen, den Kontakt zu alten Freunden zu wahren.
Besondere Stärken und Hobbys sollten von den Eltern unterstützt werden. Auch hier spielt das Selbstbewusstsein des Kindes eine tragende Rolle.
Grundsätzlich sollten Eltern ihren Kindern nicht aus Mitleid Entschuldigungen schreiben, denn wenn das Kind vermeidet, in die Schule zu gehen, wird es von seiner Schulangst nicht loskommen.
Noch geht meine Tochter zur Kita, doch schon nächstes Jahr wird sie eingeschult. Ich zerbreche mir jetzt schon den Kopf darüber, denn Töchterlein gehört zu den schüchternen Kindern. Soziale Ängste wiederum, also beispielsweise die Angst sich zu blamieren, kann ebenfalls zur Schulangst führen. In der Kita spielt sie häufig allein, weil sie darauf wartet, dass andere Kinder auf sie zukommen. Selbst die Initiative zu ergreifen, kommt für sie nicht in Frage.
Doch nicht nur das halte ich für bedenklich. Vor allem der Umstand, dass vermutlich alle Kinder ihrer Kita-Gruppe in eine Klasse kommen, lässt mich daran zweifeln, dass mit der Schule ein Neuanfang fürs Kind möglich ist. Einmal Außenseiter, immer Außenseiter? Aber das ist wieder eine andere Geschichte…
LG Anne!!!
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