Erbpacht: DIE Alternative zum Kauf eines Grundstücks?
Wir hätten uns beinahe für ein Erbpachtgrundstück entschieden, für das wir monatlich etwa 100€ hätten bezahlen müssen. Es erschien uns wie das langersehnte Schnäppchen!
Verpächter war die (Berliner) Kirche. In Deutschland gehören etwa 80% der Erbpachtgrundstücke öffentlichen Trägern, darunter vor allem Kirchen.
Ein Grundstück zu pachten, kam uns anfangs überhaupt nicht in den Sinn. Eigentlich wollten wir ein Baugrundstück kaufen. Doch in der kleinen Stadt in Brandenburg, die uns am besten gefiel, gab es nur noch zwei Grundstücke zu kaufen, die allerdings beide mit baurechtlichen Restriktionen belegt waren (z. B. hätten wir das zu erbauende Haus verklinkern lassen und auf eine bestimmte Gestaltung des Gartens achten müssen – dies wäre mit teils erheblichen Zusatzkosten verbunden gewesen).
Die Furcht vor der Erbpacht gehört der Vergangenheit an. Oder doch nicht?
Was bedeutet Erbpacht also?:
Nachteil beim Pachten ist das Zahlen der monatlichen Pacht (ähnlich einer Miete). Anders als beim Abzahlen eines Kredits endet die Pacht zu Lebzeiten nicht. Als Pächter habe ich jedoch die gleichen Rechte und Pflichten wie ein Grundstückseigentümer. Und leider fallen auch hier die selben Nebenkosten an wie bei einem Kaufgrundstück: Maklerprovision, Notarkosten, Grundbucheintrag, Grunderwerbssteuer und natürlich die Erschließungskosten – vergleichsweise weniger als bei einem Kaufgrundstück, aber immer noch genug.
Die o.g. Nebenkosten (mehr Details zu den Grundstücks- und Baunebenkosten hier>>) beziehen sich auf den 18-fachen Wert der Jahrespacht, in unserem Fall also auf etwa 20.000€. Insgesamt nur mit dem Zahlen der monatlichen Pacht ist es also nicht getan. Dennoch ist das Pachten vergleichsweise günstig.
Die Zeitschrift Brand eins schreibt über das Erbbaurecht folgendes:
Es (das Erbbaurecht) wurde nach dem Ersten Weltkrieg eingeführt und sollte finanzschwache Bürger zum Bauen ermutigen. Die lange Laufzeit über 99 Jahre gibt beiden Seiten Planungssicherheit.
Erbpacht Kosten: Berechnung der Nebenkosten bei unserem Pachtgrundstück
Wir werden also 1200€ jährlich an Pacht zahlen – mit 18 multipliziert, ergibt dies:
21.600€
Maklerprovision: 7,18% von 21.600€ = 1550,88€ Die sympathische Maklerin verlangt doch pauschal 3000€, keine Ahnung, wie sie das berechnet hat…
Notar- und Grundbucheintrag: 1,5% von 21.600 = 324€
Grunderwerbssteuer: 5% von 21.600€ = 1080€
Erschließungskosten: ca. 13.000€ (bei der Kirche nachgefragt, aber keine Antwort bekommen, auch kein Erbarmen, denn eigentlich benötigen wir keine Gasversorgung, weil wir ein Haus mit Wärmepumpe planen. Dennoch sollen wir pauschal 13.000 Euro zahlen. Abzocke.)
Erbpacht Kosten insgesamt: 17.954,88€
Weshalb wir dennoch Abstand nahmen vom Erbpachtgrundstück
Anfangs wurde uns von Bekannten und Verwandten davon abgeraten, auf ein Erbpachtgrundstück zurückzugreifen. „Wer jetzt nicht richtig kauft, sei dumm“, hieß es da. Oder: „Banken finanzieren keine Häuser auf gepachtetem Grund.“
Das ließ bei uns erst einmal die Alarmglocken schellen, schließlich sind wir auf einen Hausbaukredit angewiesen. Für unsere Hausbank bzw. den dortigen Berater war die Erbpacht jedoch völlig unproblematisch. Wir konnten also aufatmen.
Banken bevorzugen Kunden, die ein Grundstück kaufen, nicht pachten
Mittlerweile sind leider doch an den Punkt gelangt, uns vom Erbpachtgrundstück zu verabschieden. In Niedrigzins-Zeiten werden nämlich viele Baukredite beantragt – und die Banken können sich die besten Kunden herauspicken.
Das heißt für uns: Unsere Bank hatte letzten Endes doch ein Problem mit dem Erbpachtvertrag. Sie bemängelte, dass nicht sie, sondern die Kirche sich als Ersteigentümer in das Grundbuch eintragen lässt. Vielleicht nur ein Vorwand, um uns abzulehnen? Wer weiß…
Fakt ist jedenfalls, dass es momentan schwieriger wird, an einen Baukredit heranzukommen, weil die Banken sich immer neue Hürden für Kunden einfallen lassen. Verdanken ist dies der Wohnimmobilienkredit-Richtlinie“ der EU.
Hinzu kommt die Ungewissheit, ob und wann bzw. wie oft der monatliche Erbpachtzins (100€ sind veranschlagt worden) von der Kirche erhöht wird. Eine Erhöhung ist wohl alle drei Jahre zulässig und darf sich an der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung orientieren. Das ist ziemich wage… Nun sind 100€ Erbzins nicht die Welt, mag man einwenden. Doch wir müssen ja noch den Kredit fürs Haus abzahlen – und das summiert sich!
Wir überlegen nun jedenfalls doch, ob wir nicht noch ein wenig sparen und dann ein Baugrundstück kaufen. Die Maklerin jedenfalls macht nicht den seriösesten Eindruck und die Kirche will uns offenbar abzocken. Kein Wunder, dass im Ort schon seit Jahren so viele Erbpachtgrundstücke frei sind.
Zumindest haben wir somit unser Allgemeinwissen erweitert und können die Frage „Was bedeutet Erbpacht?“ ohne Weiteres beantworten ;)
LG Anne!!!